Befreit die Bildung!

  • 15.04.2014

Massive Open Online Courses (MOOCs) ermöglichen jedem überall und zu jeder Zeit Zugang zu universitärem Wissen. Indem sie Hochschulkurse im Web verfügbar machen, werden sie zu einem wahren Demokratisierungstool der Bildung. Wir von der LHG Heidelberg freuen uns über diesen Trend hin zu frei zugänglichen Vorlesungen und befürworten es, dass die Universität Heidelberg sich zukünftig auch an dieser Entwicklung beteiligen wird.

Zunächst 2011 mit einem Experiment von Professoren der Stanford University begonnen, wurden Anfang des Jahres 2012 die ersten (kommerziellen) MOOC-Lernplattformen Coursera und Udacity ins Leben gerufen. Kurze Zeit später startete die Nonprofit-Initiative edX, ein gemeinsames Projekt des MIT und der Harvard University.

Die Idee von MOOCs ist, dass Dozenten ihre Vorlesungen filmen und zusammen mit weiterem Material online stellen. Zusätzlich gibt es ein Forum, in dem man sich mit Kommilitonen und Dozenten zu den behandelten Themen austauschen kann. Am Ende eines Kurses gibt es schließlich noch die Möglichkeit, an einer Abschlussprüfung teilzunehmen.Bei Udacity ist das Zertifikat über die erfolgreiche Teilnahme mit Quantifizierung der Leistung aktuell umsonst; nur eine beaufsichtige Präsenz-Abschlussprüfungen kostet Geld. Zukünftig soll als preiswertere Alternative zu dieser die ‘secured online examination’ eingeführt werden. Bei edX werden die noch kostenlosen Teilnahme-Zertifikate von der Hochschule ausgegeben, die den MOOC erstellt hat. Es gibt bereits Pläne auch die normalen Teilnahme-Zertifikate zukünftig kostenpflichtig zu machen. Damit wären wir bei der ersten von sechs Fragen, die wir im Zusammenhang mit MOOCs zu beantworten haben. Wir starten mit dem lieben Geld…

Finanzierung
Sollen MOOCs traditionelle Hochschulen zukünftig ersetzen oder zumindest ergänzen, müssen rentable Geschäftsmodelle entwickelt werden, ohne, dass MOOCs ihren Anreiz verlieren (‘große Erreichbarkeit, da nonprofit’). Bisher wird viel über Sponsoren (in den USA v. a. Bill & Melinda Gates Foundation) finanziert und altruistische Hochschullehrer, die bereits gut bezahlte Dozenten prestigeträchtiger Unis sind, tuen den Rest.
Die Ideen, wie das Ganze Geld bringen soll, sind vielfältig (kostenpflichtige Zertifikate & Tutorien, Werbung, Verkauf von Lehrbüchern, radiohead payment (‘pay what you want’)).

Qualitätssicherung &  Anrechenbarkeit
Die sich anschließende Frage nach der Qualitätssicherung ist gleichzeitig eine Frage nach der Anrechenbarkeit von MOOCs: Stephen Downes, einer der Urväter der MOOCs, hat dazu eine ganz klare Meinung: MOOCs sind nicht dazu da, um Abschlüsse zu erlangen oder Credits zu sammeln! Warum muss jedes Lern-Lehr-Szenario der Idee der Etikettierung unterworfen werden? Vielleicht sind Studenten ja sogar die ganz falsche Zielgruppe für MOOCs!
Trotzdem hat das ACE (American Council of Education: Ein Service, der seit 1970 uni-externe Kurse zertifiziert, damit sie an Unis angerechnet werden können) MOOCs in sein Repertoire aufgenommen. Damit stellt sich nun doch die Frage nach Notengebung, Identitätskontrollen und Sicherstellung von Eigenleistung (Remote-Desktop-Kontrollen versus Präsenz-Sammelprüfungen).

Personalisierte Lehre
Doch wie können MOOCs Herausforderungen wie Studenten mit Lernbehinderung begegnen? Sprechen MOOCs nur intrinsisch hochmotivierte und medienkomponente Menschen mit großem autodidaktischen Potential an?
Keine Frage – MOOCs widersprechen dem traditionellen Prinzip unserer Universitäten, deren Name (universitas, lat. ‘Gemeinschaft der Lernenden und Lehrenden’) schon eine ganz andere Ausrichtung anzeigt.

Campus Experience
Peter Scott, Direktor der größten Online-Universität des UK, glaubt, dass Online-Learning-Anbieter in physikalischen Raum investieren sollten, der den virtuellen Raum ergänzt und ‘college feeling’ erlaubt. Werden Online-Learning-Anbieter zukünftig Raum für Studenten schaffen, in dem diese temporär leben, lernen und studieren und damit nicht nur virtuell in Wettbewerb mit Hochschulen treten!?

Kooperation oder Wettbewerb mit Hochschulen
Warum muss diese Frage überhaupt gestellt werden? Lassen sich denn nicht auch MOOCs denken, die in ganz anderen Kontexten stattfinden? Dann liegt die Zukunft von MOOCs vielleicht auch in den Händen ganz anderer Veranstaltergruppen jenseits der Hochschulen – ohne mit diesen in Konkurrenz zu stehen (z. B. innerbetriebliche Ausbildung). Es dreht sich nicht alles, was mit lernen zu tun hat, um die Hochschulen! Trotzdem halten wir als LHG einen Ersatz traditioneller Hochschulen für ausgeschlossen: Wenn MOOCs schon etwas ersetzen, dann sind sie eher als hochmedialer Ersatz von Lehrbüchern zu werten!

An deutschen Hochschulen
Deutsche Hochulen versprechen sich von ihrer Kooperation mit amerikanischen MOOC-Plattformen ‘international noch sichtbarer zu werden’.
Die LMU hat bereits 4 Kurse bei Coursera veröffentlicht und wird ihr Angebot noch erweitern. Die Produktion dieser 4 Kurse hat ohne Personalkosten 60.000 € gekostet.
Auch die TUM hat bereits 5 MOOCs in Planung, für die sie 250.000 € investiert.

Die Herausforderung besteht nun darin, diese neue Art der akademischen Bildung mit der bestehenden zu verbinden, denn beide können sich perfekt ergänzen.
MOOCs bieten auch nicht nur Studenten viele Vorteile, sondern jedem, der sich akademisch weiterbilden möchte. Ein Beispiel dafür, was MOOCs für Menschen in Entwicklungsländern bedeuten können, ist die Pakistanerin Khadijah Niazi, die bereits mit 10 Jahren erfolgreich an Udacity’s ‘Artificial Intelligence’ – Kurs teilnahm. Ein Jahr später absolvierte sie erfolgreich Udacity’s Physik Kurs, womit sie das jüngste Mädchen ist, das diesen jemals – virtuell und physisch –  erfolgreich vollendet hat. Dafür benötigte sie nur einen einfach Internetzugang, keine Universität und kein Geld.

Wir von der LHG Heidelberg sind von der Zukunftsfähigkeit und Wichtigkeit der MOOCs überzeugt. Daher haben wir Herrn Markus Schmidt vom Leibniz-Institut für Wissensmedien zu einem Vortrag mit Diskussion am 29. April eingeladen. Die Veranstaltung beginnt um 19 Uhr im Hörsaal 2 des Psychologischen Instituts (Hauptstraße 47, Heidelberg). Alle Interessierten sind herzlichen eingeladen – der Eintritt ist kostenfrei.
Wir freuen uns darauf, uns mit Euch im Anschluss an den Vortrag bei einem kleinen Empfang auszutauschen und weiter zu diskutieren!

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